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Die Lady mit dem Apfelglück

von Peter Klimitsch, "Neues Volksblatt" am 13.7.2018


Wenn man weiß, wie so ein künstlerischer Mastermind wie Herbert Walzl für seine Sache arbeitet, dann versteht man, wie große Visionen zu theatralischer Wirklichkeit werden können. Walzl schrieb nicht nur die Stückfassung nach dem 1961 erschienenen Film. Er entwarf das Bühnenbild, ging mit Wiff LaGrange in Komponierklausur und dirigiert als Regisseur ein 28-köpfiges Ensemble aus Profis und Laien zu einer Glanzleistung, deren Zeuge man am Donnerstag bei ihrer Premiere sein durfte.

In „Die unteren Zehntausend“ taucht man in die Welt der Ganoven und Bettler in New York ein. Hier poliert Apple Annie ihre Früchte und verkauft sie. Sie sammelt auch Schutzgelder der bettelnden Kollegen ein, um damit das Leben ihrer Tochter Louise in Spanien zu finanzieren. Ihr gegenüber gibt sie sich als Frau aus der höheren Gesellschaft aus. Für den Briefwechsel dazu lässt sie sich Briefpapier aus dem Hotel Marbery stehlen. Diese Illusion flöge eigentlich auf, als die Tochter ihren Besuch mit dem künftigen Gemahl, einem spanischen Adelsmann, ankündigt: Wäre da nicht der Unterweltler Dave the Lord, ein Stammkunde von Annie, der an das Glück glaubt, das er mit jedem Apfel von ihr kauft. Annie hat es, denn Dave, sehr wohl in Revierkämpfen seines Business gefordert, inszeniert die Gala, in deren Rahmen die Verlobung der Tochter gefeiert werden kann.

Swing, Ballade und Gangsterrap
Das „Theater am Fluss“ im Gastgarten des ehemaligen Gasthauses Sandmair an der Enns setzt 2018 auf Live-Musik. Wiff LaGrange leitet die vierköpfige Band, Swing, Ballade, Gangsterrap, von der Musik aus strömt ein unglaublich starker Lebensodem ins Spiel. Sie nennen es Spektakel, um der Mischform einen vielleicht nicht so geschickten Namen zu geben. Musicalfreunde kommen voll auf ihre Rechnung (höchstes Lob für ihr Spieltemperament an Daniela Lehner als Queenie Martin). Wer für mafiose Intrigen ein Faible hat, wird mit Dave (Heinz-Arthur Boltuch) und seinen Freunden (Bernhard Oppl, Stefan Parzer, Marcel-Philip Kraml) glücklich. Selbst kleinste Rollen werden mit viel Charakter gespielt, beispielgebend genannt: die lästige Reporterin (Sieglinde Hauser) und die feine Studie eines Butlers (Paul Heimel). Im Mittelpunkt steht aber Rotraud Söllinger-Letzbor als Apple Annie, die der Schmerz, dass sich ihre Mutterillusion auflöst, würgt. Sie traut sich in den künstlichen Wandel, wider die Stimme ihres Herzens, und wird gerade dadurch zur Lady. Wenngleich nicht im Erwartungsbild der Upper Class, in der sie diese nur einen Tag spielen darf.

Große Empfehlung!

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Märchenhafter Theater-Auftakt an der Enns

von Angelika MItterhauser, "TIPS Steyr" am 13.7.2018

STEYR. Im seinem vierten Jahr erfüllt das „Theater am Fluss“ die Bühne an der Enns mit großen Gefühlen: „Die unteren Zehntausend“ steht am Spielplan – ein echter Coup unter den vielen Highlights der diesjährigen Inszenierung ist u. a. die Liveband. Die Premiere wurde mit tosendem Beifall bedacht.

Für den Sommer 2018 fiel Regisseur und Theater-„Mann für alles“ Herbert Walzls Wahl nicht auf Komödie, sondern auf die vor allem als Hollywood-Film bekannte Geschichte einer Bettlerin, die beschämt über ihre Armut gegenüber der Tochter in Europa ein Lügengerüst gebaut hat. Dank ihrer dem Unterwelt-Boss Dave the Lord glückbringenden Äpfel wird jedoch ein märchenhaftes Wiedersehen mit ihrem Spross wahr. Der Weg zum Happy End ist gesäumt mit viel Gefühl und so manch mafiöser Episode.

Walzl hat für das Open Air im stadtnahen Naturidyll selbst zur Feder gegriffen und die Stückfassung, basierend auf die Erzählung von Damon Runyon, nach eigenen Vorstellungen verwirklicht. Und ja: Nach dem famosen Nestroy („Der Zerrissene“) im Vorjahr gelingt es der Produktion mit liebenswürdigen Details und in jeder Szene spürbarer Leidenschaft auch heuer, das Publikum zu bezaubern.

Spaß muss sein
Trotz der Misere der Hauptfigur öffnet die Inszenierung Raum für herzliche Lacher. So bietet das Spannungsfeld zwischen dem Einsatz von Apfel-Annie's Freunden, ihr zum Glück zu verhelfen, und den nebenbei zu bewältigenden Gangster-Machenschaften von Dave the Lord reichlich Platz für Witz und Wirbel. Humoristische Einflechtungen wie ein kleiner Seitenhieb auf den aktuellen US-Präsidenten oder der Kurzauftritt von Queenie's bunt-schrägem Mode-Guru tun ihr Übriges.

Ideale Besetzung
Mit Pep und schierer Leichtigkeit rauscht das harmonische Schauspiel-Ensemble von einer Szene zur nächsten – ergänzt durch eine perfekt ins Stück integrierte Tanztruppe Smash The Limit. Und getragen von einer Liveband rund um den Komponisten und Pianisten Wiff LaGrange, die die Inszenierung genial bereichert. LaGrange und Walzl schrieben die sommerlichen Songs des Stücks in Musical-Manier selbst!

Ein Glücksgriff auch die weiteren Bühnenkünstler, allen voran das Hauptdarsteller-Trio. Besondere Strahlkraft beweist Daniela Lehner als fabelhafte Queenie Martin, die gesanglich wie darstellerisch entzückt. Grande Dame des Abends Rotraud Söllinger-Letzbor vermag das Publikum in den verzweifelten und glückseligen Momenten der Apfel-Annie einfühlsam zu berühren. Vorjahres-Hauptdarsteller Heinz-Arthur Boltuch überzeugt als Mafia-Macho mit Hang zum Aberglauben und zu seiner (eindeutig die Hosen anhabenden) Queenie. Unterstützt von seinen Mannen – der furchtlosen Dreier-Phalanx Sunny, Bubi und Smiley (souverän: Bernhard Oppl, Stefan Parzer und Marcel-Philip Kraml) – versucht er sich gegenüber Rivale Darcey (cool: Johannes Schmid) zu behaupten.

In weiteren Rollen brillieren die Top-Darsteller Stefan Adamski, Laura Enzenhofer (auch wunderschöne Gesangsstimme), Sieglinde Hauser, HP Baumfried, Paul Heimel und viele weitere.

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Zusammengefasst wartet auf das Publikum der kommenden Vorstellungen ein schwungvolles Theater-Musical-Spektakel auf künstlerisch hohem Niveau und inmitten einer einzigartigen Naturkulisse, das zu eines jeden Sommer dazu gehören sollte.

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Vergnügliches Theater vor traumhafter Kulisse

von Gerald Winterleitner, "OÖN Steyr" am 30.7.2018

Während im Schlossgraben das Musikfestival Premiere hatte, feiert das Theater am Fluss mit "Die unteren Zehntausend" bereits Halbzeit, und das bei meist ausverkauftem Haus. Noch bis 11. August ist dieses von Herbert Walzl vor der Naturkulisse an der Enns in Szene gesetzte Spektakel, für das Wiff LaGrange die Musik beisteuert, zu sehen. Großartig im Trio der Hauptdarsteller, in dem Rotraud Söllinger-Letzbor als "Apfel-Annie" und Heinz-Arthur Boltuch als "Dave the Lord" glänzen, ist vor allem Daniela Lehner als "Queenie Martin". Doch das aus Profis und Laien zusammengesetzte Ensemble hat noch mehr zu bieten. "Sunny" Bernhard Oppl ragt mit seiner Bühnenpräsenz heraus, unterstützt von "Bubi" Stefan Parzer und "Smiley" Marcel-Philip Kraml. Ebenso kommen "Louise" Laura Enzenhofer, Reporterin Sieglinde Hauser und der direkt schon liebenswerte Butler Paul Heimel bestens an. In Summe ein amüsanter Theaterabend mit Wortwitz, dem man die eine oder andere Länge ebenso gern verzeiht wie die Tücken der Technik.

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